Der Tod des US Dollars
Zinsen anheben, um die Inflation zu bekämpfen: die harte Medizin der achtziger Jahre könnte für die Weltwirtschaft diesmal zu einer Giftspritze werden.
Das erste Quartal 2022 war für Aktienmärkte das schlechteste in zwei Jahren. Zuerst die Angst vor steigenden Leitzinsen, dann der Krieg in der Ukraine.
Die US-Zentralbank (Federal Reserve, „Fed”) hat sich angesichts der stark steigenden Inflation zunehmend aggressiv zu künftigen Zinserhöhungen geäußert. Wollte sie noch vor ein paar Monaten den Leitzins allmählich anheben und frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2022 damit beginnen, hob sie stattdessen bereits am 16. März den Leitzins von 0,25 Prozent auf 0,50 Prozent an. Nun gehen einige Experten davon aus, dass bis Ende Jahr der Leitzins der Fed um die 3 Prozent liegen könnte.
Zwar erscheint im historischen Vergleich auch ein Leitzins von 3 Prozent nicht sonderlich hoch. Zum Beispiel lag dieser im Jahr 2007, also vor der Finanzkrise, noch über 5 Prozent.
Man schaue aber auf die Entwicklung der US-Staatsverschuldung. Lag diese nach der Dot-Com Krise im Jahr 2001 noch auf USD 5,8 Billionen, stieg sie nach der Finanzkrise Ende 2008 auf USD 10 Billionen. Ende 2021 - nach fast zwei Jahren Corona-Krise - hatte sich die Staatsverschuldung gegenüber 2008 verdreifacht und lag knapp unter USD 30 Billionen.
Schießt sich die Fed ins eigene Knie?
Natürlich bedeuten höhere Leitzinsen auch höhere Zinszahlungen auf die eigenen Staatsschulden.
Würden die USA jedes Jahr einen Überschuss (Steuereinnahmen minus Staatsausgaben) erzielen, der hoch genug ist, um Zinsen zu decken, wäre dies kein Problem.
Doch die Wahrheit sieht anders aus, und die Lage ist verheerend: so haben die USA in den letzten dreißig Jahren lediglich vier Mal (1998, 1999, 2000 und 2001) geschafft, einen Überschuss zu erwirtschaften.
Mit anderen Worten: alle anderen Jahre wurden die Zinsen auf die eigenen Schulden mit neuen Schulden gezahlt.
Man schaue nun nochmals auf die aktuelle Staatsverschuldung der USA: bei knapp USD 30 Billionen Schulden bedeutet ein Zins von lediglich 1 Prozent eine Zinszahlung von USD 300 Milliarden - also höher, als der höchste Überschuss, den die USA in ihrer Geschichte je erzielt haben (USD 236 Milliarden im Jahr 2000).
Stiegen die Zinsen nun auf 3 Prozent, könnte sich die Zinszahlung auf USD 900 Milliarden theoretisch verdreifachen.
Signifikante Konsequenzen für Privathaushalte
Natürlich würden bei einer Leitzinserhöhung nicht nur die Zinsen auf die Staatsverschuldung in die Höhe schießen - sondern auch jene auf die Privatverschuldung der Bürger. Teurere Hypotheken, Autokredite und Kreditkartenabrechnungen - etwas, was sich die meisten Privathaushalte nicht lange leisten könnten.
Die harte Medizin der achtziger Jahre - also mit hohen Zinsen die Inflation zu ersticken - könnte das Land - und somit die Weltwirtschaft diesmal in den Ruin ziehen. Der gesellschaftliche Zusammenhalt wäre gefährdet, und somit die sämtliche politische Klasse.
Die Schlussfolgerung? Die USA können sich angesichts ihrer hohen Staatsverschuldung die höheren Zinsen, von denen die Fed jetzt redet, selber gar nicht leisten.
Der Dollar ist als Reservewährung gefährdet
Ist es in anderen Ländern besser? Kaum, zumindest nicht im Westen.
Doch der US Dollar ist die weltweit dominanteste und stärkste Reservewährung. Dieser Status beruht mittlerweile ausschließlich auf Vertrauen und nicht mehr auf einer gesunden Bilanz.
Im besten Fall kann die Inflation zwar helfen, die Schulden langfristig zu verringern, da Schulden durch höhere Preise ihren Wert verlieren.
Zweifellos wird sich damit die allmähliche Entwertung des US Dollars jedoch fortsetzen. Es geht hier viel weniger um eine Abwertung gegenüber anderen Währungen (Euro, Pfund, Yen), die sich in einer ähnlichen Lage befinden, sondern um die Entwertung gegenüber Sachwerten wie Immobilien, Edelmetallen oder auch Kryptowährungen.
Kein Wunder ist der US Immobilienmarkt in den letzten Monaten - übrigens genau wie in Deutschland - besonders stark gestiegen. Kein Wunder liegt der Goldpreis wieder knapp unter seinem Höchststand.
Kann angesichts dieser Lage der US Dollar überhaupt als Reservewährung überleben? Die Geschichte der Reservewährungen verrät uns, dass die Tage der Dollar Dominanz höchstwahrscheinlich gezählt sind.
Den Status einer Reservewährung hatten nach 1450 jeweils Portugal (1450–1530), Spanien (1530–1640), die Niederlande (1640–1720), Frankreich (1720–1815) und Großbritannien (1815–1920) jeweils für 80 bis 110 Jahre. Die USA haben diesen seit 1921 - also bereits knapp über 100 Jahre.
Die größte Frage ist natürlich, wie diese Dominanz endet, und was danach kommt.
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